Mittwoch, 28. November 2018

Auf dem Inle-See (2): Bootsbau, Zigarrenmanufaktur, Bambusschirm-Herstellung und Langhalsfrauen

Nachdem wir an unserem Tag auf dem Inle-See bereits eine Lotusweberei besucht und den Einbein-Fischern bei ihrer Arbeit zugeschaut hatten, standen weitere Handwerksbetriebe auf dem Programm.

Bunte Schirme (Hti) aus Papier,
das handgeschöpft und dann auf ein Gestell aus Bambus gespannt wird
Unser nächster Halt war eine kleine Werkstatt, in der die traditionellen 10 m langen Boote gefertigt werden, ohne die ein Leben am und auf dem See gar nicht denkbar wäre. Denn dieses Leben spielt sich auf dem Wasser ab, um von A nach B zu gelangen, ist ein Langboot nötig, selbst innerhalb eines Dorfes sind nicht alle Häuser mit Laufplanken oder Stegen untereinander verbunden.

Die Bootsbauer sägen die Bretter für die Boote von Hand, denn so fallen weniger Späne an und man erhält 10 statt der 8 Planken, die bei maschinellem Zuschnitt eines Stammes übrig bleiben.

Früh übt sich ...

Ein Langboot zu bauen dauert ca. 1 Woche, es zu kaufen kostet um die 3.000 USD.

Auf dem See gibt es mittlerweile viele Langboote, die die Touristen transportieren. Diese sind mit Dieselmotoren bestückt, die Lärm und Abgase produzieren und das Wasser verschmutzen und damit das Ökosystem des Sees in Gefahr bringen. Das ist wohl der Preis des Fortschritts ...

Unser nächstes Highlight war es mitzuerleben, wie die Cheroot-Zigarren gefertigt werden. Im Dorf Nam Pan gibt es jede Menge Zigarren-Manufakturen.


Tabak spielt bei der Herstellung eine eher untergeordnete Rolle, Hauptbestandteile sind je nach Geschmack Tamarinde, Zuckerrohr oder getrocknete Bananen. Verfeinert wird das Ganze dann mit Anis, Honig, braunem Zucker, Rum und / oder Reisessig. Eingerollt in ein Blatt des Cheroot-Baumes und mit einem entsprechend zugeschnittenen Filter aus mit Zeitungspapier zusammengepressten Maisblättern versehen, voilà! Die Zigarren werden mit einfachsten Hilfsmitteln im Akkord hergestellt, eine Frau schafft bis zu 1.200 Zigarren am Tag.

Und bevor die Frage gestellt wird: Ja, ich habe probiert, und zwar eine Zigarre mit Bananenstückchen. Die Zigarre war sehr aromatisch und der Rauch schmeckte kein bisschen kratzig. Ein Päckchen à 10 Stück kostet ab 7.000 Kyat. Ich werde aber trotzdem nicht mit dem Rauchen anfangen 😉

Waschtag (2)
Weiter ging es mit dem Langboot (ja, auch unseres hatte einen Dieselmotor).

 
Als nächstes schauten wir uns an, wie Bambusschirme auf traditionelle Art hergestellt werden. Insgesamt sind 50 (!) Arbeitsschritte erforderlich, bis ein solcher Schirm fertig ist.


Hier nur die wesentlichen dieser Arbeitsschritte: Das Papier wird geschöpft und in Rahmen getrocknet. Das Bambusgerüst des Schirms wird hergestellt, indem zunächst das Bambus gespalten, dann in Streifen geschnitten und anschließend eingeweicht wird. In Form gebracht und in der Sonne getrocknet werden die einzelnen Teile zusammengefügt und am Schirmhalter und Schirmkopf festgebunden. Jetzt wird das Papier aufgelegt und zurechtgeschnitten. Das Papier kann mehrlagig sein und zwischen den einzelnen Lagen finden sich oft auch echte getrocknete Blüten und Blätter.


Oder das Papier wird bemalt und anschließend eingeölt. Theoretisch sind diese Schirme sogar wasserdicht, sie werden allerdings eher als Schattenspender benutzt - oder als Souvenir. Die Schirme sind recht teuer, aber es werden auch Lampenschirme und Fächer angefertigt, ein günstigeres Mitbringsel.

Was mich etwas irritierte, waren die Langhalsfrauen, die in einem Vorraum der Schirmmanufaktur saßen. Irritiert war ich deshalb, weil sie bei mir den Eindruck erweckten, sie seien eine Art Ausstellungsstück, nur da, um fotografiert zu werden. Okay, Kathrin und ich ließen uns ebenfalls mit den Frauen fotografieren, aber es fühlte sich irgendwie merkwürdig an. Aber die Frauen verdienen nunmal ihren Lebensunterhalt damit, dass sie sich zur Schau stellen. Der Tourismus treibt so seine Blüten ...


Ich muss zugeben, dass ich bei der Vorbereitung unserer Myanmar-Rundreise gar nichts über Langhalsfrauen gelesen hatte, ich hatte immer vermutet, sie wären im Norden Thailands ansässig. Nun googelte ich und fand heraus, dass viele Angehörige der Kayans, die ursprünglich aus der Region um den Inle-See stammen, seit den 1970er Jahren aus Myanmar in den Norden Thailands geflohen waren und dort nun unter dem Namen Karen bekannt sind, eine übergeordnete Bezeichnung für die Angehörigen dieser Völkergruppe.

Auch in Thailand stellen sich die Frauen zur Schau, es ist praktisch ihre einzige Einnahmequelle. Dort gibt es ganze "Freilichtmuseen", Dörfer, in denen man die Giraffenfrauen besichtigen kann. Diesen Begriff habe ich jetzt (trotz vorhandener Bedenken) ins Spiel gebracht, weil er von Reiseveranstaltern oft verwendet wird, aber von den Frauen wird er als Beleidigung aufgefasst. In Myanmar bzw. dem Shan-Staat nennt man diese Menschen übrigens Padaung ("die mit glänzendem Metall Umwickelten").

Bereits im Alter von 5 Jahren bekommen die Mädchen ihren ersten Halsreif. Eine Messingspirale von 10 cm Durchmesser macht den Anfang, alle 2 - 3 Jahre werden die Spiralen breiter. Es stimmt übrigens nicht, dass der Hals verlängert wird, vielmehr werden die Schultern durch das Gewicht der Messingspiralen (immerhin: bis zu 15 kg) nach unten gedrückt. Bei einer erwachsenen Frau kann der Halsschmuck bis zu 25 Windungen haben. Am Schmuck um Hals- und Fußgelenke erkennt man übrigens, zu welchem der 4 Kayan-Stämme die Frauen gehören.

Die Tradition, sich derart zu schmücken, geht darauf zurück, dass der Überlieferung nach die Frauen von einem weiblichen Drachen mit gepanzertem Nacken abstammen. Der Drache verwandelte sich in eine schöne Frau und paarte sich mit einem Mischwesen (halb Mann, halb Engel). Die beiden Nachkommen aus dieser Beziehung waren die ersten Kayan.

Als nächstes stand die Mittagspause auf unserem Programm.

Aussicht von dem Restaurant, in dem wir zu Mittag aßen
Am Nachmittag besichtigten wir die Phaung-Daw-U-Pagode und das Nga-Phe-Kyaung-Kloster. Beide sind im See errichtet. Mehr darüber hier.




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